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Eine Reflexion über Krise und Vertrauen

Die Krise, immer wieder die Krise, es scheint, als wäre schon alles dreimal über sie gesagt. Trotzdem kommen immer wieder neue Nachrichten über sie, und auch der letzte Krisengipfel wird wohl nicht der letzte bleiben. Vor mehr als zwei Monaten habe ich diesen Bericht über die EU-Krisen geschrieben und er ist immer noch weitestgehend gültig.


Die Krise ist nicht gelöst und eine Lösung ist auch nicht wirklich in Sicht. Die Krise ist zum Permanentzustand geworden. Dennoch ist die Krise in Zentraleuropa eher unterschwellig zu merken. Die Regale sind gefüllt mit Waren und noch(?) sind sie bezahlbar.
Wir befinden uns also in einer Art Krise, wird uns gesagt, und wir müssen es wohl glauben. Es scheint eine Krise zwischen den Symbolen zu sein, nicht eine Krise der Symbole selbst zu sein. Eines dieser Symbole ist der Euro, der zwar zahlreichen Ländern in der Kasse fehlt, selbst aber noch relativ stabil bleibt. Was nicht zu letzt dem schwachen Dollar zu verdanken ist.
Da die Krise nur gemäßigt die Bürger_innen erreicht, kann das Vertrauen in die staatlichen und wirtschaftlichen Institutionen wieder wachsen. Schließlich haben sie sich als erfolgreiche Krisenmanager präsentiert, zumindest in Zentraleuropa. Die Krise ist gekommen und es ist beinahe alles so weiter gegangen. Die Krise dient gerade einmal als Rute, die in das Fenster der Bürger_innen gestellt wird, um ihnen Sozialkürzungen zu "erklären".
Naomi Klein beschreibt in ihrem Buch "The Shock Doctrine", wie Krisen, etwa Naturkatastrophen, ausgenützt werden, um neoliberale Strukturveränderungen durchzusetzen. Nicht viel anders verhält es sich mit der permanenten EU-Krise.

So lässt sich Beobachten, dass der Umgang mit der Krise keineswegs demokratisch ist, es handelt sich  um Hinterzimmer- und Privatvereinbarungen. Sogar die nationalstaatliche Souveränität wurde verbal attackiert. So marktökonomisch einleuchtend es im ersten Moment scheint, dass "die Griech_innen" Kontrolle abgeben müssen für das Geld, das ihnen geliehen wurde, so undemokratisch und marktautoritär ist dieser Vorschlag.
Aber wir befinden uns ja in einer Krise und Krisen erfordern besondere Mittel.

Es läuft auf eine Herrschaft der "Leistungsträger_innen" hinaus, wobei sich Leistung am Kapital orientiert. Oder wie es ein Politiker der SVP formulierte (und dafür von seiner eigenen Partei ausgebuht wurde): «Volksherrschaft kann auch die Herrschaft des Pöbels bedeuten, die Enteignung der Minderheit der Leistungswilligen und Besitzenden durch die Mehrheit von Habe- und Taugenichtsen.»

Je länger die Krise andauert, desto weiter könnten diese Spielchen gehen. Vielleicht wäre es doch besser, wenn die Krise mit einem großen Knall endet.

 

Links:

Artikel zur Krise in der Jungle World

Offizielle Webseite von Naomi Klein


Kommentare

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Habe einen längeren Eintrag zum Begriff des "Leistungsträgers" veröffentlicht, der auch in diesem Beitrag vorkommt: http://yaab.noblogs.org/post/2011/08/08/zu-politischer-sprache-leistungs...

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Du schreibst: "Zu Bestimmung der Leistung wird eben nicht Arbeit, sondern marktökonomische Effizienz herangezogen." Fraglich, ob diesem Propagandabegriff überhaupt eine objektive Definition von Leistung zugrundeliegt. Fraglich, wie der von den Leistungsträgern organisierte Finanzkollaps in punkto Markteffizienz abschneidet.

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Leistung ist prinzipiell mit einem Verhältnis verbunden, ebenso wie Effizienz, deswegen lassen sie sich aneinander messen. Dass der Begriff dabei von manchen Kommentator_innen so entfremdet wurde, dass er praktisch gar keine Bedeutung mehr hat außer eine ausgrenzende, mag stimmen. Mir ging es aber eher um die Wurzel.

Aber wie uns die von Hayek Gesellschaft doch schon so glaubhaft erklärt hat: Der Finanzkollaps liegt nur an der staatlichen Einmischungen in den Markt ;)

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Aber wie uns die von Hayek Gesellschaft doch schon so glaubhaft erklärt hat: Der Finanzkollaps liegt nur an der staatlichen Einmischungen in den Markt ;)

Die Argumentation würde ich tatsächlich gerne mal hören. Bei der Recherche in Sachen Hayek bin ich leider kaum über dieses Video hinausgekommen... ;)

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Ich kann dir die Argumentation sinngemäß wiedergeben:
Die Regelmentierung durch den Staat haben dazu geführt, dass neue Produkte entwickelt werden mussten um diese zu umgehen, und diese waren riskanter.
Dazu sei gesagt, dass ich mir nicht sicher bin ob der historische Hayek eine solche Argumentation unterstützt hätte.