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Zum Gedenken an Ivan Illich

„Den größten Teil dessen, was wir wissen, haben wir alle außerhalb der Schule gelernt. Schüler lernen das meiste ohne ihre Lehrer und häufig trotz dieser. … Wie man leben kann, lernt jeder außerhalb der Schule. Wir lernen, sprechen, denken, lieben, fühlen, spielen, fluchen, politisieren und arbeiten, ohne dass ein Lehrer einen Anteil daran hätte. Selbst Kinder, die Tag und Nacht unter der Obhut von Lehrern und Erziehern sind, bilden da keine Ausnahme. Ob Waisenkinder, geistig Behinderte oder Lehrersöhne, sie lernen das meiste von dem, was sie lernen, jenseits des für sie geplanten ‚Bildungsweges‘.“ Dies schrieb Ivan Illich schon 1971 in seiner Streitschrift „Deschooling Society“. – Auf Deutsch erschienen 1972 als „Entschulung der Gesellschaft“ (München 41995, das Zitat auf S. 52f). Aktuell ist das also nicht, und längst haben sich die Gemüter, die damals weltweit in große Erregung über diese Publikation gerieten, darüber beruhigt. Sie haben es vorgezogen, sie zu vergessen, statt sich mit ihr zu konfrontieren und von ihr ärgern zu lassen. Und heute diskutieren wir über die Schule, als hätte es diesen Text nie gegeben.

-- Marianne Gronemeyer: Bildung braucht Gastlichkeit - Zum Gedenken an Ivan Illich  in Streifzüge (09.04.2013)