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Die schwarzen Ecken des Webs: krisenblog.org

Mittlerweile sind es doch einige: die Webpräsenzen des Anarchismus. In einer Reihen von Interviews möchten wir euch mit den schwarzen Ecken des Webs vertraut machen. Diesmal stellen wir euch vor: krisenblog.org 

 

Warum habt ihr angefangen zu schreiben?

 

Weil wir mit einiger Verwunderung festgestellt haben, dass viele Menschen aus unserem Bekanntenkreis, KollegInnen, FreundInnen, Familie, aber auch manche in unseren politischen Zusammenhängen, die Dimension dessen, was seit der geplatzten Immobilienblase in den USA 2008 auf uns zugerollt kommt, immer noch nicht wirklich realisiert haben. Viele denken, das zieht irgendwie an uns vorbei und dann geht es weiter wie gehabt. Wir denken nicht, dass das so sein wird. Egal, was passiert, eines ist absehbar – die derzeitige Systemkrise wird zu einem massiven Angriff auf unsere Arbeits- und Lebensbedingungen führen. Und zwar nicht nur in Griechenland, Spanien und Italien sondern auch hier. Wir wollen an dieser Stelle nicht verschiedene Krisendeutungen vorstellen und uns auch nicht in Prophetie üben, aber es hat tatsächlich den Anschein, dass die derzeitige Krise ein Zeichen dafür ist, dass der Kapitalismus im Weltmaßstab an seine Grenzen gestoßen ist. Vor diesem Hintergrund haben wir beschlossen, Bruchstücke und Notizen im Zusammenhang mit der Krise zu sammeln, von denen wir hoffen, dass sie für den einen oder die andere interessant und hilfreich sein könnten.

 

Worüber schreibt ihr?

 

Wir veröffentlichen schwerpunktmäßig Informationen zur kapitalistischen Systemkrise. Das können ganz unterschiedliche Dinge sein. Wir berichten z.B. über soziale Kämpfe im Zusammenhang mit der Krise und den Angriffen mit denen die Regierungen und das Kapital versuchen, deren Kosten auf uns abzuwälzen. Wir schauen uns bestimmte Kennzahlen an, an denen sich der Stand der Krise gut ablesen lässt, wie z.B. der Rückgang des Automobilabsatzes in fast allen Ländern Europas. Wir weisen auf interessante Bücher im Zusammenhang mit der Krise hin. Wie schon gesagt, wir sammeln Bruchstücke, Eindrücke, Notizen.

 

Was braucht oder fehlt euer Meinung nach der anarchistischen Bewegung?

 

Diese Frage können wir euch nicht so ohne weiteres beantworten. Das liegt einfach daran, dass die Mehrzahl der AutorInnen bei krisenblog.org sich zwar als anarcho-syndikalistisch oder libertär-kommunistisch bezeichnen würde, wir aber als Blog keine definierte Gruppe oder Teil einer bestimmten Bewegung sind. Wir richten uns auch nicht an eine spezifisch anarchistische Zielgruppe, sondern an alle, die bestimmte Sichtweisen in Bezug auf die Krise vermissen und bei uns vielleicht das eine oder andere interessante Detail finden, das ihnen weiterhilft.

 

Der Untertitel unseres Blogs lautet „Krisennotizen von unten“. Das sagt schon eine ganze Menge darüber aus, warum wir das machen. Uns interessiert, was die Krise mit uns macht, die wir gezwungen sind unsere Arbeitskraft zu verkaufen oder die aus der Verwertung ausgespuckt wurden, weil man sie nicht mehr profitabel ausbeuten kann. Uns interessiert, wie wir uns gemeinsam wehren können und wie wir dem kapitalistischen Irrsinn letztlich ein Ende bereiten können. Dazu wollen wir mit unseren bescheidenen Möglichkeiten beitragen. Und da sehen wir, um auf die Frage zurück zu kommen, auch die Rolle einer anarchistischen Bewegung – sie muss Teil der sozialen Kämpfe sein und versuchen, diese voranzubringen.

 

Welche Möglichkeiten seht ihr durch das Internet für die anarchistische Bewegung?

 

Das Internet ist eine neue Möglichkeit, sich Informationen zu verschaffen oder mit Leuten zu kommunizieren. Das Entscheidende ist aber eher die Frage, was machen wir damit, wenn wir den Rechner oder das Smartphone ausgeschaltet haben? Gehen wir dann auf die Straße, um uns mit denen zu treffen und mit denen zu kämpfen, mit denen wir kommuniziert haben? Organisieren wir etwas zusammen statt nur unsere Meinungen auszutauschen? Die verschiedenen Dienste im Netz sind letztlich nur ein Hilfsmittel für unsere tägliche Praxis und können diese nicht ersetzen. Ohne den Willen, sich zusammenzutun im Stadtteil, im Betrieb, in den Zurichtungsanstalten Schule und Uni, hat es für uns keinen Belang.

 

Welche Internetangebote könnt ihr besonders empfehlen?

 

Wir benutzen eine Vielzahl von Quellen, die in unsere Veröffentlichungen auf krisenblog. de einfließen. Dazu gehören z.B. die Internetauftritte von FAU, CNT, das „inoffizielle IAA-Blog“, die Website der Direkte Aktion. Wildcat, Chefduzen, Labournet und libcom.org gehören bei manchen von uns ebenso zur regelmäßigen Lektüre, wie das Online-Magazin telepolis. Wir lesen aber auch den Internetauftritt der Financial Times und internationale Wirtschaftspresse. Und jede Menge andere Blogs, je nach persönlichem Schwerpunkt und Interesse.