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Anarchistische Buchmesse Mannheim: Interview mit zwei Veranstaltern

Vom 19. bis 21. April 2013 findet in Mannheim die 2. Anarchistische Buchmesse statt. Grund genug für systempunkte.org, mit zwei der Veranstalter*innen zu sprechen.

 

Die anarchistische Buchmesse Mannheim findet bereits zum zweiten Mal statt, vielleicht könnt ihr uns Eingangs kurze Eure Erfahrungen mit der ersten Buchmesse schildern?

Moritz: Mich hat von Anfang an der große Zuspruch überwältigt, den unser Projekt von allen Seiten bekam. Bereits im Vorfeld kamen zahlreiche Verlage Autor*innen und Presseprojekte auf uns zu, um an der Messe teilnehmen zu können. Die Messe selbst war dann auch unerwartet gut besucht – fast alle Vorleseräume waren zum Bersten gefüllt und ich glaube, die Verlage waren auch zufrieden. Dieses Jahr scheint das alles noch einen Tick größer zu werden.

Max: Mir persönlich ist am Stärksten in Erinnerung, dass wir bestimmt ein Jahr lang geplant und vorbereitet haben – der Arbeitsaufwand nach und nach immer größer wurde –, ich mir aber bis zum ersten Tag der Buchmesse überhaupt nicht vorstellen konnte, ob es funktioniert, ob alles klappt usw. Die Erleichterung, dass alles gut lief, war dann ziemlich groß.

Moritz: (lacht) Es ist überraschend einfach, eine Veranstaltung für Anarchist*nnen zu machen, da die sich um fast alles selbst kümmern.

 

Was für eine Rolle können und sollen Eurer Meinung nach Buchmessen für die anarchistische Bewegungen spielen?

Moritz: Oh, da gibt es zahlreiche Aspekte, die positive Auswirkungen auf die Anarchistische Bewegung haben können: Alleine die Tatsache, dass sich viele Ähnlich-Gesinnte treffen, austauschen, sich neue Gruppen gründen, gute Bücher gekauft werden – all das kann der anarchistischen Vernetzung dienen. Mich persönlich motivieren solche Treffen auch immer sehr und geben mir viel Bestätigung und Kraft für meine politische Arbeit der nächsten Monate.

Max: Es reduziert die Anonymität einer zahlenmäßig nicht sooo großen Bewegung: Schreibende treffen auf ihre Zielgruppe; Lesende treffen auf die Menschen, die die Bücher geschrieben haben, die sie lesen usw.

Moritz: Nicht zu vernachlässigen ist auch die Außenwirkung einer solchen Messe: Menschen beschäftigen sich zum ersten Mal mit anarchistischer Literatur, kommen her, kaufen sich Bücher, hören sich Vorträge an oder fühlen sich einfach nur wohl.

       

Können und sollen anarchistische Buchmessen auch eine Rolle in einem breitere öffentlichen Bewusstsein jenseits der anarchistischen Bewegung eine Rolle spielen?

Max: Das hat Moritz ja gerade schon angedeutet. Klar wünschen wir uns, über die „Szene“ hinaus wahrgenommen zu werden. Ziel ist zweifellos, die Bewegung zu vergrößern...

Moritz: ... was uns mit der letzten Buchmesse schon gelungen ist und 2013 sicher noch besser wird.

 

Inwiefern versucht ihr dies selbst umzusetzen und in wie weit ist es euch gelungen?

Max: Umzusetzen versuchen wir das einerseits mit einem guten Programm sowohl inhaltlicher Art als auch mit einem kulturellen Rahmen (Konzert, Kabarett etc.); andererseits mit möglichst breiter Werbung – soweit uns das möglich ist auch über die „Szene“ hinaus.

Moritz: ... und das hat auch funktioniert! Obwohl uns die lokalen Printmedien letztes Mal regelrecht ignoriert hatten, waren zahlreiche Mannheimer*innen da, die einfach mal gucken wollten, was eine Anarchistische Buchmesse so alles zu bieten hat.

 

 

Wie seht ihr als Organisator*innen einer Buchmesse den Wandel hin zur Digitalisierung? Könnten anarchistische Buchmessen obsolet werden?

Max: Digitalisierung – und der Open Source Gedanke! – sind grundsätzlich positiv. So muss ich mir ein Buch nicht unbedingt auf Papier gedruckt kaufen, bzw. die vielleicht wirklich wichtigen Gedanken eines Menschen müssen nicht erst mit viel Aufwand auf Papier gedruckt werden, damit sie bei mir ankommen. Das ist aber ein ziemlich großes Thema, das diesen Rahmen eher sprengen dürfte... Überflüssig wird das Aufeinandertreffen von Menschen durch den Wandel zur Digitalisierung auf jeden Fall nicht!

Moritz: Ich denke auch nicht, dass E-Books die Papierbücher vollständig ersetzen werden. Außerdem besteht die Messe ja aus mehr, als nur den ausstellenden Verlagen, sondern auch aus über 20 Vorträgen und Lesungen, aus Konzerten usw. Es dürfte ziemlich schwierig werden, das alles digital befriedigend zu simulieren.

 

Habt ihr vielleicht schon erste Lesevorschläge?

Max: Wie wäre es mit „Kurze Weltgeschichte des Faschismus“ von Frank Pfeiffer, herausgegeben vom Forum deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) ...

Moritz: Sehr spannend finde ich auch die Bücher „Occupy Anarchy! – Libertäre Interventionen in eine neue Bewegung“, herausgegeben von der Infogruppe Bankrott, „Der Anarchismus und seine Ideale“ von Cindy Milstein oder „Befreiung und soziale Emanzipation“ von Roman Danyluk.

Max: Zu allen diesen Büchern gibt es auch Lesungen auf unserer Messe! 

 

Welches Buch, das *noch nicht* geschrieben wurde, würdet ihr gerne auf Eurer Buchmesse vorstellen?

Max: Vielleicht „Die libertäre Revolution – Chronologie, Hintergründe und aktueller Stand“?

Moritz: „Der Kapitalismus – eine historische Betrachtung.“ Oder „Schulden – die letzten 5.000 Jahre“

 

Was war eure schlimmste Erfahrung beim Organisieren der Buchmesse?

Moritz: Mich hat, ehrlich gesagt, im Vorfeld manchmal genervt, wie individuelle Streitigkeiten aus der anarchistischen Szene an uns herangetragen wurden – so nach dem Motto: „Müsst Ihr unbedingt einen Vortrag mit DEM machen? Warum kriegt DIE so eine gute Uhrzeit?“, „Mein Stand soll aber nicht neben DIESEM Verlag stehen“ u.Ä. Glücklicherweise bleibt sowas die Ausnahme. Aber da wir den Anspruch haben, besonders breit zu sein und möglichst viele Strömungen des Anarchismus zu vertreten, hatte mich das schon ein wenig genervt. Allerdings ist die Bezeichnung „schlimmste Erfahrung“ hier vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen.

Max: Wie eingangs schon erwähnt: Dass ich im Vorfeld überhaupt nicht einschätzen konnte, ob die viele Arbeit zum Erfolg führt.

 

Was war eure schönste Erfahrung beim Organisieren der Buchmesse?

Max: Dass die viele Arbeit zum Erfolg geführt hat.

Moritz: Es hat einfach alles geklappt, was wir angepackt haben! (schmunzelt) Im Grunde haben wir das ja schon alles bei der ersten Frage beantwortet. Glücklicherweise scheinen „unsere Erfahrungen“, nach denen Du Anfangs gefragt hast mit unseren „schönsten Erfahrungen“ übereinzustimmen.

 

Wo wir auch grad mal dabei sind, ich bräuchte zur Zeit der Buchmesse auch einen Schlafplatz in Mannheim, kann mir jemensch von euch da aushelfen?

Moritz: Wir werden quasi unbegrenzt Schlafplätze im JuZ anbieten können. Dort gibt es Matratzen und wenn die Anreisenden noch Schlafpsäcke und Isomatten mitbringen, kriegen wir auch alle unter. Darüber hinaus können wir auch noch Leute in WGs unterbringen, wenn z.B. ein Bett benötigt wird. In diesem Fall wäre es aber gut, eine E-Mail im Vorfeld an uns zu senden.

Max: Du kannst aber auch gerne bei mir schlafen!